Es gibt bestimmte Momente auf Reisen – und manchmal auch bestimmte Orte -, an denen die bisherige Sicht der Dinge plötzlich in Frage gestellt wird. Dann ist von einer Sekunde auf die andere nichts mehr so, wie es bis dahin war oder zumindest erschien, und alles ist unklar, und alles ist …
… unsicher. In solchen Momenten kommt einem die Welt wie ein Zerrspiegel vor, als verlache sie den Betrachter und vielleicht sogar sich selbst. Schau in den Spiegel!, heißt es in vielen alten Märchen und Sagen. Aber nirgendwo steht geschrieben, was zu tun wäre angesichts dessen, das einem in solchen Momenten widergespiegelt wird.
Beim Besuch der der Maraya Concert Hall ist es vielleicht am besten, man denkt überhaupt nichts und hockt sich einfach erst einmal für ein paar Minuten vor ihr in den Sand. Als ob man ihren Architekten die Aufgabe gestellt habe, ein gewaltiges Bauwerk in die saudi-arabische Wüste zu setzen, ohne dass jemand merkt, dass da ein gewaltiges Bauwerk in die saudi-arabische Wüste gesetzt wurde, so sieht das Gebäude aus. Drinnen ist die Maraya eine völlig normale Konzerthalle mit Sitzreihen und einer Bühne, auf der Menschen wie Andrea Bocelli, Lionel Richie und Yanni auftreten (offenbar ist das die Kategorie Künstler, die zu einem Konzert nach Saudi-Arabien kommt). Und von außen?
Ist die Halle so beeindruckend wie verstörend. Je nach Standort schleudert sie einem die Strahlen der Sonne wie gleißende Lichtspeere entgegen; nähert sich eine Windhose, sieht man sie im Spiegel hinter sich aufziehen und kann die Sekunden zählen, bis man von ihr eingehüllt wird und der feine Wüstensand in jede Pore endringt. Sekunden später erwischt es dann auch die Fassade. Wie oft die wohl gereinigt werden muss?
Wie verdammt klein der Mensch in der allumfassenden Wüste Arabiens ist, die Jahr für Jahr größer wird: Auch das wird einem bewusst. Ist nicht die schlechteste Erkenntnis.